Oper Dortmund


Premiere: 26.11.2016 | Oper

Die Zauberflöte

Wolfgang Amadeus Mozart/Emanuel Schikaneder

Stückinfo

Zauberoper, Maschinenstück, Weltanschauungsdrama, Vorstadttheater: Mozarts Zauberflöte eignet sich für viele Schubladen. Die Spitzentöne der Königin der Nacht gelten als Beleg für das Artifizielle der Gattung Oper, ebenso wie der Vogelfänger Papageno für deren Volkstümlichkeit steht. Die Textdichtung wurzelt in der Tradition des Wiener Volkstheaters. Der Librettist Emanuel Schikaneder war ein Theatermann durch und durch, nicht nur als Autor, sondern vor allem auch als Schauspieler, Ausstatter und Direktor des Wiedener Theaters. Geschichten über den Sieg der Liebe waren in Mode, Bühneneffekte und fantastische Welten ein Muss, das Zusammenspiel von komischen und ernsten Elementen gang und gäbe. Doch Die Zauberflöte geht über eine einfache Märchenoper hinaus. Das liegt nicht nur an den humanistischen Ideen, die sich im Libretto finden, sondern vor allem an Mozarts Komposition, die neben dem schlichten Volkston, den halsbrecherischen Koloraturen oder abgrundtiefen Noten eben auch ehrlich empfundene Arien, bewegende Duette und kontemplative Chöre beinhaltet. Eine dankbare Aufgabe für das Ensemble der Oper Dortmund, das für seine Mozart-Interpretationen gefeiert wird. Stefan Huber, bekannt als renommierter Musical-Regisseur (Funny Girl, Next to Normal), wird mit der Zauberflöte seine erste Oper inszenieren. Ihm zur Seite steht der venezolanische Künstler José Luna, der in seinen fantasievollen Ausstattungen mit Moden und Theatertraditionen verschiedener Jahrhunderte jongliert und daraus seinen unkonventionellen, humorvollen Stil entwickelt. Gemeinsam werden sie den theatralen Aspekt des Werkes nicht zu kurz kommen lassen. (Text: Theater Dortmund)


Weitere Infos und Karten finden Sie auf: www.theaterdo.de

Kreativteam

Inszenierung: Stefan Huber
Musikalische Leitung: Gabriel Feltz
Choreographie: Stefan Huber
Bühnenbild: José Luna
Kostüme: José Luna
Lichtdesign: Florian Franzen
Dramaturgie: Wiebke Hetmanek

Cast

Joshua Whitener, Ashley Thoruet, Morgan Moody, Karl-Heinz Lehner, Marie-Pierre Roy, Tamara Weimerich, Emily Newton, Inga-Britt Andersson, Ileana Mateescu, Almerija Delic, Hannes Brock, Luke Stoker, Gerardo Garciacano, Hans Werner Bramer, Fritz Steinbacher, Thomas Günzler, Blazej Grek, Opernchor des Theater Dortmund, Chorakademie Dortmund

Szenenfotos

Video






Pressestimmen

Pitt Herrmann, Sonntagsnachrichten

"...Mozart goes Disney: In seiner ersten Operninszenierung lässt uns der renommierte Schweizer Musical-Regisseur Stefan Huber ("Funny Girl", "Next to Normal") in die Fantasy-Welten der kommerziellen Unterhaltung eintauchen, die mit ihren Prinzessinnen, Tierwesen und Zeitreisenden längst nicht so harmlos sind wie sie erscheinen. Dass er sich dazu Mozarts aus lauter Unwahrscheinlichkeiten und Widersprüchen bestehendes Märchen um den fremden Prinzen Tamino, die Königin der Nacht und ihre Tochter Pamina, um den Hohepriester Sarastro und seinen Mohr Monostratos, um den Vogelfänger Papageno und die liebreizende Papagena ausgesucht hat, liegt auf der Hand. Aber das ist noch längst nicht alles: "Die Zauberflöte", uraufgeführt am 30. September 1791 im Freihaustheater auf der Wieden, dem heutigen Theater an der Wien, das endlich wieder zur Staatsoper gehört und das elendige Dasein als Musical-Abspielstätte hinter sich gelassen hat, ist nicht nur Mozarts beliebteste Oper, sondern auch ein Auftragswerk zur Eröffnung der größten Wiener Loge - und der Komponist war ein Freimaurer wie Walt Disney. Der phantastische Bass Karl-Heinz Lehner steht zu Beginn allein auf der leeren Bühne: Ein ganz in Gold gehüllter Hohepriester mit Mantel und langer Schleppe blickt über die von Generalmusikdirektor Gabriel Feltz mit Verve dirigierten Dortmunder Philharmoniker im erhöhten Graben hinweg majestätisch ins ausverkaufte Parkett am nach gut drei Stunden heftig umjubelten Premierenabend des 26. November 2016. Ein programmatischer stummer Prolog: Stefan Huber hinterfragt Sarastros Heilsversprechen und die Intransparenz geheimnisvoller Männerbünde, die genau zu wissen meinen, was Gut und Böse ist und ihre Moral der Menschheit aufzuzwingen versuchen - über all' die Jahrhunderte hinweg. Der venezolanische Bühnen- und Kostümbildner José Luna, zum ersten Mal an der Oper Dortmund zu Gast, steckt Mozarts Figuren in grellbunte Fantasykostüme, den schrillen Anfang machen Emily Newton, Ileana Mateescu und Ensemble-Neuzugang Almerija Delic (die in Gladbeck geborene Mezzosopranistin wusste schon als Marthe in Gounods "Faust" zu überzeugen) als peitschenschwingende Ladies, die sich durchaus eigennützig um den schönen, warum auch immer im Pfadfinderkostüm steckenden Prinzen Tamino (Ensemble-Neuzugang mit Luft nach oben: der amerikanische Tenor Joshua Whitener) bemühen. Die buntesten Vögel sind Vogelfänger Papageno (Morgan Moody) und die Königin der Nacht (die französische Koloratur-Sopranistin Marie-Pierre Roy mit einem großartigen Gastdebüt), aber auch sonst tauchen Micky-Mouse-Ohren (bei Hannes Brocks Monostratos) und andere bekannte Accessoires aus unserer buntschillernden Unterhaltungswelt auf. Zwischen Pop-Art und Kitsch changieren José Lunas Kostüme auch bei Ashley Thourets melancholisch-zarter Pamina und Tamara Weimerichs lebenslustiger Papagena. Und das vor einer überwältigenden Disneyland-Pappkulisse, die mittelalterliche Burgmauern mit dem Brandenburger Tor, dem schiefen Turm von Pisa, dem Moskauer Kreml, maurisch-arabischer Architektur, der New Yorker Freiheitsstatue und der südamerikanischen Hochkultur der Indios vereint. Ausstattung und Inszenierung sind aber nicht nur oberflächlich buntschillernd, sondern sehr ironisch, etwa bei den Verweisen auf die Fast-Food-Kinokultur und die herausgestellten Macho-Attitüden des designierten US-Präsidenten Donald Trump. Und durchaus auch anspielungsreich-politisch, wenn Sarastros Truppe in circensischen Affenkostümen steckt oder, im zweiten Aufzug, die uniformieren "Eingeweihten" wie eine Sekte auftreten.

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Honke Rambow, ruhrbarone.de

"Ein todsicherer Repertoirrenner, ein ewiger Kassenschlager – bei Wolfgang Amadeus Mozarts Oper „Die Zauberflöte“ stimmt einfach alles. Eine putzige Märchengeschichte, jede Menge bunte Gestalten, Tophits am laufenden Band. Da sieht man doch gern darüber hinweg, dass Schikaneders Fantasystory so einige logische Fehler aufweist, dass dem Librettisten zur Lösung von brenzligen Situationen meist nicht mehr einfällt als der alte Deus-Ex-Machina-Trick, das ganze vollgepackt ist mit einem haarsträubenden Frauenbild und die humanistischen Botschaften schockierend naiv daherkommen. Und auch musikalisch zeigt sich Mozart hier als gewiefter Bühnenkomponist, der die Trickkiste perfekt aber nur selten wirklich originell plündert. Lediglich der Pamina schreibt er wirklich echtes Gefühl ein und bei der Feuer- und Wasserprüfung gelingt ihm ein Effekt der nicht pure Oberfläche ist. Eher sportlich orientiert ist die halsbrecherische Koloraturpartie der Königin der Nacht genauso wie die mörderisch schwere Basspartie des Sarastros. Kommen sie heil durch? Das ist der echte Zauberflöten-Thrill. Für die Regie ist eine Zauberflöte eine ganz andere Herausforderung als die großen Da-Ponte-Opern Mozarts. Geht es bei diesen um einen echten interpretatorischen Zugriff und psychologische Personenführung, wäre bei der Zauberflöte ein zuviel an Regietheater völlig verfehlt. Mozart/Schikaneder haben die Zauberflöte als große Show konzipiert und aus Starlight Express würde ja auch niemand versuchen, etwas tiefsinniges herauszuholen. Da ist es ein kluger Coup des Intendanten Jens-Daniel Herzog, auf die Inszenierung mit Stefan Huber einen Musical-Regisseur anzusetzen. Der tut zunächst gemeinsam mit seinem Ausstatter José Luna das, was er perfekt beherrscht: Er inszeniert die ganz große Bühnenshow. Die technischen Möglichkeiten werden bis zum letzten ausgereizt, da fahren ständig neue knallbunte Bühnenbilder herein und herauf und herunter, es glitzert und funkelt und blinkt. Für jede szenische Herausforderung, die die Story bereithält, findet Huber eine überraschende und überzeugende Antwort. Doch er findet noch einen weiteren Dreh, der sich über die Distanz des Stückes als überaus schlüssig und erhellend erweist. Huber verschaltet die Zauberflöten-Welt mit dem Disney-Imperium. Da kommen die drei Damen daher wie Nina Queer, Olivia Jones und Cybersissy, die ihre Outfits von sämtlichen Disney-Prinzessinnen zusammengeklaut haben, die drei Knaben entpuppen sich als die drei kleinen Schweinchen, der Königin der Nacht wachsen zwei Flamingos aus dem Kopfputz, Monostatos ist eine Horror-Mickey-Mouse im Samuraikostüm mit Lederpeitsche und Sarastros Tempel ein Sammelsurium aus den phallischen Sehenswürdigkeiten der Welt inklusive Riesenpimmel, auf dessen Eichel eine Zwiebelturmkuppel wie ein nicht abgerolltes Kondom thront. Auch die Chordamen tragen als Monostatos Begleiterinnen wippende Messingschwänze im Schritt. Ein kritischer Verweis auf das extrem Männerdominierte Menschenbild der Oper, aber auch extrem schwul. Wer will, kann in diesem Kontext auch die Regenbogen in Sarastros Tempel lesen. Das führt nicht unbedingt weiter, passt aber zur Musical-Ästhetik, denn ohne Schwule auf der Bühne und im Zuschauerraum wären Elisabeth und Evita, Phantom der Oper und Tarzan gar nicht denkbar. Schockieren will das alles freilich nicht, höchstens vielleicht ein wenig irritieren. Vor allem ist es aber sexy. Das beginnt schon, wenn die drei Damen unverschämt um den ohnmächtigen Tamino streiten, nachdem sie die Schlange erlegt haben. Wie Joshua Whitner da nur in Unterhose auf der Bühne liegt, kann man das Transentrio vollauf verstehen. Und kurz darauf zeigt der Tenor bei seiner ersten größeren gesanglichen Aufgabe – „Dies Bildnis ist bezaubernd schön“ – dass er nicht nur optische Qualitäten hat. Wunderbar jungendlich und kristallklar, mit einer Leichtigkeit und Einfachheit singt er Mozart. Da ist die Pamina der Ashley Thouret ein ganz anderes Kaliber. Sie gibt ihrer Rolle eine bezaubernde, religiöse Innerlichkeit, die als emotionales Highlight im Fantasyradau strahlt. Karl-Heinz Lehner als Sarastro und Marie-Pierre Roy als Königin der Nacht lassen in ihren Extrempartien keinen Augenblick der Angestrengtheit entstehen, der ohnehin überaus spielfreudige Morgan Moody zeigt sich als Papageno hier stimmlich wie darstellerisch in Höchstform. Gleiches gilt für Hannes Brock als Monostatos. Die drei Knaben-Schweinchen sind in Dortmund mit Solisten des Knabenchores der Chorakademie Dortmund – Joshua Kahnefeld, Vincent Schwierts, Nick Esser – ideal besetzt. Und das gilt tatsächlich auch für die vielen anderen Partien, angefangen von der Luxusbesetzung der drei Damen mit Emily Newton, Ileana Mateescu und Almerija Delic. Dazu ein glänzend tanzend und singender Opernchor, der nebenbei auch noch für den reibungslosen Umbau des Bühnenbildes sorgt und lustvoll luzide aufspielende Dortmunder Philharmoniker unter Gabriel Feltz. Musikalisch hat das erneut absolut Metropolenniveau. Und dann ist da dieser Regie-Kniff von Huber/Luna. Die Verschaltung von Mozart und Disney legt auf unaufdringliche Art die immergleichen Mechanismen des Show-Business offen und entzaubert damit gleichzeitig das historische Genie wie den Comic-Konzern. Gelingen kann das nur, weil Huber im Musical so überaus erfahren ist und trotz aller Plattheiten beides mit dem nötigen Ernst und der gebotenen Sorgfalt behandelt. So zieht seine Inszenierung Mozarts Zauberflöte eine zusätzliche Ebene ein, ohne sie zu verbiegen oder zu überfrachten. Man mag vielleicht an Peter Shaffers „Amadeus“ denken, jenes Stück, das nicht zuletzt in der Verfilmung von Milos Forman Mozart als Popstar seiner Zeit inszenierte. In Hubers Inszenierung gewinnt aber selbst die perfekte Ausnutzung der Bühnentechnik plötzlich eine inhaltliche Ebene, indem sie zurückweist auf das technische, das trickreiche Handwerk in der Komposition. Die Zauberflöte wird als das, was sie tatsächlich ist, ausgestellt: Eine perfekte Show, die nichts will als den größtmöglichen Effekt und dabei eben genauso wie die Disney-Produkte gezielt auf eine moralische und emotionale Vereinfachung setzt, die die Massentauglichkeit nicht gefährdet. Dass das gelingt, ohne der Oper Schaden zuzufügen, ist umso überraschender."




Sigi Brockmann, Online Merker

"„Verorten“ nennt man das wohl auf Regisseur-Deutsch, wenn die Handlung einer hinlänglich bekannten Oper in ein völlig unerwartetes Umfeld verlegt wird. Dafür scheint sich die „deutsche Oper“ in zwei Akten „Die Zauberflöte“ von Wolfgang Amadè Mozart auf den Text von Emanuel Schikaneder besonders zu eignen. Der dort angegebene Handlungsort „Ägypten“ wurde eher beiläufig dem von Matthias Claudius übersetzten französischen Roman „Sethos“ entnommen, der als eine der Vorlagen der Oper diente. Das läßt jeglicher Regie-Phantasie freien Lauf. In Dortmund ließ sich der durch Musical-Inszenierungen bekannte Stefan Huber von der bunten Welt Walt Disneys.(selbst Freimaurer) inspirieren – erheblich sehenswerter als die öden Neon-beleuchteten Räume oder Irrenhäuser für jegliche Oper, die manche Regisseure bevorzugen. Teils recht hurtig spielten dazu die wie üblich für Mozart höher platzierten Dortmunder Philharmoniker unter Leitung von GMD Gabriel Feltz..."




Julia Gaß, Ruhrnachrichten.

„...Um Eingeweihte, Männerbünde und Machtmenschen, die - wie Sarastro und die Königin der Nacht - große Unternehmen führen, geht es in der 'Zauberflöte'. Regisseur Stefan Huber hat in seiner familientauglichen Inszenierung dabei an den Disney-Konzern gedacht und das pralle, bunte Leben von Micky Maus und Co. auf die Bühne gebracht. Jedes der aufwendigen Kostüme dieser Produktion, bei der bis auf einen Bassisten das gesamte Dortmunder Opernensemble beteiligt ist, ist ein kleines Kunstwerk. Und die Kulissen sind Märchenschlösser - noch viel schöner als bei Disney. Einen feinen, kultivierten, sorgfältig ausgeformten Mozart singt das Ensemble. Und das macht genauso viel Spaß wie die Märchenreise ins bunte Disney-Land. Ein toller, mal etwas anderer Beitrag zu 225 Jahre 'Zauberflöte'.“